20 April 2024

 Das Zunftzeichen „Brauerstern“

Ein trauriges Kapitel beim Thema Altstadt. Zwar soll sie weiter entwickelt und so für Bewohner und Besucher attraktiver werden – aber dann gibt es Entscheidungen der Stadtverwaltung, die dieses Ziel konterkarieren. Ein solches Beispiel gibt es in der nördlichen Altstadt, die Lange Straße 29 betreffend. Hier hätte ein Haus saniert werden können, das als eher französisch/klassizistisch um 1805 einen neuen Stil in die alte Stadt gebracht hat. An der Langen Straße gelegen, also der alten Sindelfinger „Hauptstraße“, gleich hinter dem Oberen Tor, das noch stand, als dieses Haus gebaut wurde.


Das Haus Lange Straße 29, historische
Aufnahme (Stadtarchiv)
Abriss des Hauses 2024 (Foto: phil)










Wir wollen dazu eine Besonderheit erwähnen, die, wäre sie durch eine Sanierung gerettet worden, einen interessanten Zwischenstopp bei Stadtführungen ergeben hätte.

Alte Sindelfinger kennen das Haus noch als Bäckerei und als Gastwirtschaft „Bürgerstüble“, ein einfaches Lokal, in dem auch selbst gebrannter Schnaps ausgeschenkt wurde. Wie hieß es: Da hätten die Weltverbesserer diskutiert. Der Wirt hat auch Geld verliehen, wird auch erzählt. Und eine weitere Besonderheit waren  - allerdings weit vor dem Krieg – die Fensterscheiben mit ihrer Gravur: Das Zunftzeichen der Brauer und Brenner, der eigenwillige „Brauerstern“, ergänzt mit Obst - zum Brennen -  und Lorbeerverzierung. Ein mögliches Problem im Dritten Reich: Der „Brauerstern“ ist genauso aufgebaut wie der jüdische Davidsstern, zwei ineinander geschachtelte Dreiecke, die je symbolische Bedeutungen haben.


Zwei von vier geretteten Fensterflügeln des "Bräustübles" im 
Stadtmuseum (Foto: phil, mit Dank ans Museum)
"Brauerstern": Eine Theorie
geht davon aus, dass der Brauerstern
einmal die für das Brauen wichtigen
drei Elemente (Feuer, Wasser und
Luft) symbolisiert und zum anderen
die im Mittelalter bekannten Zutaten
(Wasser, Malz und Hopfen) bezeichnet
 (die Hefe als Brauzusatz fehlte damals
noch), so dass sich insgesamt
die sechs Zacken des Brauersterns
damit erklären.
(wikipedia) 

Es bleibt zu vermuten, dass die Fenster in der Zeit des Dritten Reichs ausgebaut, dabei aber nicht zerstört, sondern in einer nahe gelegenen Scheuer gelagert wurden. Da sind sie vor wenigen Jahren wieder entdeckt worden und harren jetzt im Stadtmuseum wieder einer Zukunft im Sonnenlicht. In ihrem sanierten Haus hätten sie - wieder eingebaut - etwas über Sindelfinger Geschichte erzählen können. Jetzt bleiben sie zwar interessante, aber isolierte Museumsstücke.

 

Keine Kommentare:

häufig angeschaut