Sindelfinger Kleindenkmale:
Metallschild der „Phönix“-Feuerversicherung
das Erdgeschoss des Storchenhauses (Foto: phil) |
Früher
hing an einem der großen Fensterläden im Erdgeschoss des Storchenhauses ein
kleines Schild. Es war leider mit der Farbe der Läden übermalt worden und also
schlecht zu erkennen. Das war deshalb schade, weil das kleine Schild ein
Kleindenkmal ist: Es zeigte an, dass dieses Haus feuerversichert gewesen ist,
und zwar bei der „Londoner Phönix“, einer berühmten englischen Versicherung,
die schon 1782 gegründet worden war. Die Bedeutung der Feuerversicherung war
natürlich riesig, weil die Feuergefahr in früheren Zeiten enorm war: Man denke etwa an die verheerenden Brände in
London oder Hamburg, in anderem Maßstab natürlich auch bei uns. Aber es dauerte
trotzdem, bis sich das Versicherungsprinzip der Gegenseitigkeit allgemein durchsetzen
konnte.
Das Feuerversicherungsschild am Fensterladen (Foto: phil) |
Sah das Schild einst so aus? (Abb.: Wikipedia) |
„Phönix“
war eine privatrechtliche Versicherung, die nicht ein Haus selbst, sondern vor
allem das Inventar versicherte. Diese „Erfindung“ der Phönix war noch Anfang
des 19. Jahrhunderts außergewöhnlich, weil zum Beispiel die württembergische
Zwangs-Feuerversicherung durch die herzogliche
„Brand-Schadens-Versicherungs-Anstalt“, die es seit 1773 gab, keinen Hausrat
mitversicherte und auch keine Elementarschäden abdeckte. So hatte sich die
„Phönix“ in deutschen Landen eine Monopolstellung erobert, die ihr hohe Beiträge
und Gewinne ermöglichte.
Originaler Versicherungsschein der "Phönix" (Privatbesitz) |
Das forderte deutsche Kaufleute heraus und 1820 wurde zum Beispiel mit der „Gothaer“ eine erfolgreiche deutsche „Feuerversicherungs-Bank“ für den Handelsstand gegründet. Dass die englische „Phönix“ aber noch immer im Spiel blieb, sehen wir am erwähnten Schild. Solche Schilder waren in Württemberg ab 1830 sogar Pflicht: „Jeder Eigentümer, der sein bewegliches Vermögen versichert hat, hat das Schild an seinem Gebäude auf eine für Jedermann sichtbare Weise anzuheften". Ein Grund dafür war unter anderem, dass dadurch Doppelversicherungen ausgeschlossen wurden, die Anreize zur Brandstiftung gaben. Aber auch der Werbeeffekt war nicht zu unterschätzen.
Versicherungsordnung Herzogtum Württemberg von 1773 (Google books) |
Nachdem
sie die Genehmigung erhielten, auch Mobiliarversicherungen abzuschließen,
schafften sich später auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten solche
Feuerversicherungsschilder an.
Schade ist es in unserem Sindelfinger Fall, dass das Schild, das auf solche historischen Aspekte hinweisen kann, also ein Denkmal ist, wohl zur Sanierung abgenommen worden ist, die Hausverwaltung sich aber nicht darum gekümmert hat, dass es wieder angebracht wird. Das ist sehr schade, weil Sindelfingen nicht reich an Kleindenkmalen ist, die oft auf besonders interessante Alltagsstrukturen hinweisen.
Zusatz.
Kulturhistorisch interessant ist folgende historische Einschätzung: In
katholischen Ländern wurde bei Brandschäden zu Spenden aufgerufen, auch die
Kirche schoss eine Summe zu. In calvinistisch geprägten Ländern wurde die
Feuerversicherung dagegen als Initiative verstanden, bei der der positive Zweck
mit gutem privaten Gewinn verbunden ist. Die lutherischen Gebiete dagegen schafften
öffentlich-rechtliche Strukturen auf Gegenseitigkeit (siehe Württemberg).