09 März 2011

Tausend Jahre Sindelfinger Geschichte

Uli Mülbe in der Rolle des berühmten Chorherrn

Wir waren zufrieden: Weit über 200 Besucher fanden am 25. Februar 2011 den Weg in den Stiftshof, um unsere historischen Szenen zu erleben. Wie immer, war unser Anspruch nicht gering:
Denn die kleinen Szenen sollten nicht nur über ein historisches Geschehen informieren, sondern auch versuchen, den kultur- und geistesgeschichtlichen Hintergrund anzureißen. Also hier die Frage zu stellen: "Warum stiftet Adalbert einen Kirchenneubau und ein Kloster? Welche existenziellen Ängste wühlen einen solchen Herren über Leben und Tod auf?"

Einen roten Faden gab es bei den Szenen: Wir wollten zeigen, dass viele historische Ereignisse nicht einfach nur geschehen, sondern durch einen für ihre Zeit typischen theologischen oder philosophischen Hintergrund geprägt werden. Beispielsweise: Warum entwickelt sich mit der Gotik ein Baustil, der so völlig anders wirkt als sein Vorgänger Romanik? Ist der Wunsch nach mehr Licht in der Kirche auch ein Wunsch nach mehr Licht der Erkenntnis? Lassen wir hier zwei Chorherren sprechen:                    

A: Siehst Du, da ist wieder unser Unterschied! Beim gotischen Stil geht der Weg endlich nach oben - ins Licht der Erkenntnis! Gut, Du hast Recht. Auch wir im Martinsstift hier haben die strengen Regeln der frühen Chorherrenstifte gelockert. Ja. Aber dadurch sind wir doch in Kontakt gekommen mit all den wunderbaren geistigen Entwicklungen des Abendlandes. Ach, hätten wir doch auch eine Sorbonne!


Intensive Diskussion zweier Chorherren
B: Ach, Bruder. Das, was Du beschreibst, das ist ja gerade unser Problem. Das ist der Umbruch, die Abkehr des Menschen vom festgefügten Glauben. Wir spüren dies hier auch in unserem Stift. Wir müssen wieder zurück! Und genau deshalb muss unsere schöne alte Kirche so bleiben wie sie ist. Aber: Wir einigen uns hier nicht!

A: Nun, man wird sehen, ob in der Martinskirche nicht eines Tages statt des in düsterem Gold drohenden Chors ein feingliederiger, farbensprühender von der neuen Zeit sprechen wird.

B: Oh, mein Gott!



Auch die Szene zur Reformation in Sindelfingen oder das Tagebuch des durch den Dreißigjährigen Krieg aufgewühlten und verstörten Stadtschreibers wollten auf die Bedeutung hinweisen, die die jeweiligen Weltsichten auf die Abläufe der Geschehnisse ge-habt haben. Sogar eine so scheinbar unbedeutende Tatsache wie die Aufnahme eines Mädchens in die Realschule hing natürlich von der "Philosophie" der Beteiligten ab. Und dass der Schulrektor den eigenwilligen Warmbronner Bauerndichter Christian Wagner kannte und besuchte, gibt einen Hinweis auf seine Haltung.


Unser kleines philosophisches Schlussgespräch sollte aufzeigen, dass diese Diskussion natürlich auch heute noch aktuell ist; dass sie aber leider durch die auch bei Naturwissenschaftlern vorherr-schende materialistisch geprägte Weltsicht in den Hintergrund gedrängt wird. Dabei finden wir mit einer ganzen Reihe von heutigen Quantenphysikern durchaus nachdenkliche und kritische Wissen-schaftler, die sich Sorgen um den Zustand unserer Welt machen...



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