31 Dezember 2023

Sindelfinger Bilder 3

Burggasse: historisches Bild aus dem Stadtarchiv (farbig bearbeitet). Die Scheune rechts gehörte zum Haus Burggasse 5 und wurde im Krieg zerstört; sie gehörte, wie das Haus links, zum Bereich der "Burg".


Die Untere Burggasse

Schon lange wird über die Situation der Unteren Burggasse diskutiert - bisher ohne Ergebnis. Nun (Ende 2023) soll sich dies ändern. Wir schlagen vor, bei der Diskussion über neue gestalterische Strukturen auch historische Aspekte mit einzubeziehen - immerhin heißt das aktuelle Projekt offiziell "Ferkelmarkt/Burg".

Der uralte Begriff "Burg", der bis in unsere Zeit hinein überlebt hat, bezieht sich darauf, dass sich hier im Mittelalter der Gutshof befand, das heißt der herrschaftliche Hof eines großen landwirtschaftlichen Verwaltungsbereichs - also ein sogenannter Fronhof. Ein solcher Hof umfasste eine Reihe von Werkstätten und Wohngebäuden, gelegen um den eigentlichen Herrenhof herum - also den stabilen, steinernen Wohnsitz der Herrschaft.  Daher passt der Begriff "Burg", in Sindelfingen wurde  er auch einmal "Schloss" genannt.

Als die Stadt Sindelfingen 1263 gegründet wurde, wurde dieser besondere Hofbereich in die Stadtmauer mit einbezogen, aber als ein gewisser juristischer und sozialer  Fremdkörper in der Stadt wurde er logischerweise durch Grenzsteine abgesetzt. Sindelfingens Historiker Eugen Schempp zeigte auf, dass dieser "Burgbereich" 17 Häuser umfasste und Jahrhunderte lang als ein Sondergebiet verwaltet wurde: Seine Häuser waren von der herrschaftlichen Fronsteuer befreit. Den eigentlichen Herrenhof vermutete er durch einen Grabungsfund beim heutigen Grundstück Planiestraße 3 - einer ehemaligen Bäckerei.


alte Postkarte (Ausschnitt): Planiestraße mit Gasthaus "zur Burg" -auch heute noch Gaststätte

Im Verlauf des späten Mittelalters löste sich die Struktur der Fronhöfe Schritt um Schritt auf, auch in Sindelfingen. Es entstand ein etwas abseits gelegenes  Quartier, im Schatten der Stadtmauer und des "Neuen Turms", dessen Name "Burg" aber nicht vergessen wurde. Bis in unsere Zeiten hinein wurde sogar vom "Burgschultes" gesprochen, der als Ansprechpartner für die "Burgbewohner" fungierte. 


farbig ergänzter Plan von 1830: grün die 1830 noch erhaltenen Reste des Stadtgrabens (rechts heutige Planie, unten heutige Untere Vorstadt); in Braun die 1830 noch erhaltenen Reste der Stadtmauer und der "Neue Turm"; die rote Grenzlinie umfasst die sogenannte "Burg" im Südost-Eck der ummauerten Stadt.


Nach dem Abriss der östlichen und der südlichen Stadtmauer und der Planierung des Grabens im Osten war einerseits  die abseitige und etwas heikle Lage im Schatten des "Neuen Turms" (er war zum Stadtgefängnis umgenutzt worden) aufgehoben: Die Untere Burggasse war nun zum Verbindungsweg aufgewertet, der das Altstadtzentrum mit dem neuen Stadtzentrum um das 1842 erbaute Rathaus verband. Andererseits wurde das bis in unsere Tage baulich nicht deutlich, denn dieses Gebiet ist das am wenigsten attraktive der gesamten Altstadt.

Hoffen wir, dass sich dies jetzt ändert. 


zur Diskussion: Gestaltung der Unteren Burggasse mit rustikaler Mauer, einem Burggarten, dem Schweinestall, einer Ferkelgruppe, der Vogeltränke, dem Fenster zur Erinnerung an den Herrenhof und dem Grenzstein zwischen der Stadt und der "Burg" (Entwurf: phil)

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