Magische Welten
Kümmern wir uns heute noch einmal um die magischen Welten in der alten Stadt. Man kann davon ausgehen, dass man früher beim Gang durch die Altstädte an den Häusern eine Vielzahl von Malereien, Schnitzereien und steinernen Formen gesehen hat, die Symbole für Wünsche, Hoffnungen, Beschwörungen waren. Böse Kräfte sollten so gebannt werden.
In Sindelfingen sind fast alle solcher Zeichen sind verschwunden: Der Verputz, den viele Häuser erhalten haben, hat damit natürlich zu tun; der Wert der alten, intensiv bewohnten Fachwerkhäuser war gesunken; dadurch verloren ihre ästhetischen Dimensionen stark an Bedeutung, die Schönheit eines Hauses war kein bedeutsames Kriterium mehr; und schließlich wurden auch - vor allem dann im 19. Jahrhundert - ganz offiziell rationalere Sichtweisen von der Bevölkerung erwartet: eine Folge der Aufklärung.
Funktionale und rationalere Bauweisen vor allem der Nachkriegszeit aber verzichteten ganz auf zusätzliche Gestaltungsmomente, ob bei privaten oder öffentlichen Bauträgern. Es dauerte eine ganze Weile, bis dies als Verlust erlebt wurde und die Sanierung alter Häuser nicht mehr als nutzlose Geldausgabe verstanden wurde. Trotzdem: Fassaden mit ganz persönlichen Äußerungen zu schmücken, ist äußerst selten geworden, wahrscheinlich, weil man sich nicht mehr sicher ist, ob Betrachter dies als positiv empfinden.
Es ist ein neuer Entwicklungsprozess, zu erkennen, dass Architektur nicht nur aus Stein, Holz und Beton besteht, sondern auch aus Träumen, Mythen und Geheimnissen. Schauen wir uns dazu die Sindelfinger Beispiele an, die heute als Kleindenkmäler gewertet werden.
Der "Wilde Mann" setzt seine Kräfte zum Schutz für Haus und Hof ein. Hier sehen wir ihn, als er bei der Sanierung des Hauses nach langer Dunkelheit wieder das Tageslicht erblicken kann. (Foto: phil) |
Das im Krieg zerstörte Haus Lange Straße 44. Die Pfosten saßen im ersten Stock. (Foto: Stadtarchiv) |
Titelseite einer Ausgabe der Melusine-Sage vom aus Sindelfingen stammenden Pfarrer Ottmar Schönhuth. (Buch im Privatbesitz.) |