30 März 2024

Magische Welten

Kümmern wir uns heute noch einmal um die magischen Welten in der alten Stadt. Man kann davon ausgehen, dass man früher beim Gang durch die Altstädte an den Häusern eine Vielzahl von Malereien, Schnitzereien und steinernen Formen gesehen hat, die Symbole für Wünsche, Hoffnungen, Beschwörungen waren. Böse Kräfte sollten so gebannt werden.

In Sindelfingen sind fast alle solcher Zeichen sind verschwunden: Der Verputz, den viele Häuser erhalten haben, hat damit natürlich zu tun; der Wert der alten, intensiv bewohnten Fachwerkhäuser war gesunken; dadurch verloren ihre ästhetischen Dimensionen stark an Bedeutung, die Schönheit eines Hauses war kein bedeutsames Kriterium mehr; und schließlich wurden auch - vor allem dann im 19. Jahrhundert - ganz offiziell rationalere Sichtweisen von der Bevölkerung erwartet: eine Folge der Aufklärung.

Funktionale und rationalere Bauweisen vor allem der Nachkriegszeit aber verzichteten ganz auf zusätzliche Gestaltungsmomente, ob bei privaten oder öffentlichen Bauträgern. Es dauerte eine ganze Weile, bis dies als Verlust erlebt wurde und die Sanierung alter Häuser nicht mehr als nutzlose Geldausgabe verstanden wurde. Trotzdem: Fassaden mit ganz persönlichen Äußerungen zu schmücken, ist äußerst selten geworden, wahrscheinlich, weil man sich nicht mehr sicher ist, ob Betrachter dies als positiv empfinden.

Es ist ein neuer Entwicklungsprozess, zu erkennen, dass Architektur nicht nur aus Stein, Holz und Beton besteht, sondern auch aus Träumen, Mythen und Geheimnissen. Schauen wir uns dazu die Sindelfinger Beispiele an, die heute als Kleindenkmäler gewertet werden.


Das wunderbar sanierte Haus Lange Straße
25 mit seinem Restaurant "Drei Mohren". 
Der "Wilde Mann"  ist ganz oben im
spitzen Giebel zu finden. Dass er kaum
zu sehen ist, stört nicht seine
Schutzfunktion. (Foto: phil)

Der "Wilde Mann" setzt seine Kräfte 
zum Schutz für Haus und Hof ein.
Hier sehen wir ihn, als er bei der
Sanierung des Hauses nach
langer Dunkelheit wieder das
Tageslicht erblicken kann. (Foto: phil)
Zwei wunderbare Stücke vom ehemaligen Haus Lange Straße 44, 
das im Krieg leider zerstört wurde. Das Haus wurde 1698 vom
Büchsenmacher und Waffenschmied Johann David Renner gebaut. 
Die zwei Hauspfosten wurden aus der Ruine gerettet und
stehen im Stadtmuseum. Der linke Pfosten zeigt die damals
sehr beliebte mythische Figur der Melusine, einer Nixe. (Foto: phil)

Das im Krieg zerstörte Haus Lange
Straße 44. Die Pfosten saßen im
ersten Stock. (Foto: Stadtarchiv)


Titelseite einer Ausgabe der
Melusine-Sage vom aus
Sindelfingen stammenden
Pfarrer Ottmar Schönhuth.
(Buch im Privatbesitz.)
Aus der Eckkonstruktion des Hauses Untere Burggasse 3
schaut ein sogenannter Neidkopf herunter. Er will dem
herandrängenden bösen Mächten sagen: "Das Haus ist
besetzt, zieht weiter, woanders hin." (Foto: phil)


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