Moritaten am Armesünderfriedhof
vorgetragen am 11. September 2015 bei der Wiedereinweihung des Kunstwerks von Fritz Mühlenbeck - nach seiner Beschädigung im Mai 2015
Moritat 1
Lasst uns für´s alte Sindelfingen,
das ihr dort drüben liegen seht,
die Kund´ vom Totenacker bringen,
wo leiser Wind am See verweht.
Ach Welt, wo bleibt denn dein Erbarmen
Wenn tief im Elend, ohne Mut,
auch noch das Unglück trifft den Armen,
der hilflos nun - das Falsche tut.
Ein Kaleidoskop von Bildern voller Fragen,
für uns, die wir hier voller Hoffnung stehn,
und heute nochmals mutig wagen,
sich vor der Unvernunft nicht wegzudrehn.
Unruhig spür´n wir hier ein weit´res Mal
die Härte einer scheinbar fernen Zeit,
erkennen sie als kräftig mahnendes Fanal
und bleiben doch in Menschlichkeit bereit.
Moritat 2
Nun
stehn wir da, im Angesicht der frühen Nacht,
unruhig
fühlend das Schwinden unsrer Sicherheit.
Das
Bild der Welt, die sich der Mensch gemacht,
bestürzt
uns sehr in seiner Gegensätzlichkeit.
Ach,
im rasend schnellen Wandel unsrer Welt,
im
kreischend Scherbensplitter aller Sicherheiten
steht
fest die alte Frag´, was uns im Innersten zusammenhält;
welch´
Lebensform uns führt in friedlich Zukunftszeiten.
Das
Ziel der Worte war´s, darüber nachzudenken.
Zur
Mahnung und Erinn´rung steht nun ab diesen Tagen
wieder
hier das Stück aus lichtem Glas, der armen Seelen Angedenken
am
Ort, wo wir uns selbst zu unserer Moral befragen.
Das
Glas, Symbol all unserer Zerbrechlichkeit im Leben,
gewinnt
die Kraft durchs Farbenspiel im reinen Licht, es
mag zersplittern unter unverständig schweren Schlägen,
aber
vernichtet werden kann es nicht.
Zieht
nun das Tuch herab von dieser gläsern Kunst,
denn
dieser Welt gibt Kunst die Seele. Und im Gedenken
an
all das Leiden löset sich jahrhundertalter Dunst -
und
gibt uns Licht, die Welt und unser Tun zu überdenken.
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