19 Dezember 2023

Pfarrer Schönhuth und sein Sindelfingen

(Abbildung: Familie Schönhuth)

(Es folgen Ausschnitte aus einem szenischen Text zu den Literaturwochen 2017 in Sindelfingen, der sich mit dem in Sindelfingen geborenen und aufgewachsenen Pfarrer Ottmar Schönhuth beschäftigte. Als national begeisterter, monarchistisch eingestellter Zeitgenosse gehörte er zum konservativem Bürgertum des Königreichs Württemberg - mit stetem Blick zurück in die Geschichte.) 

Gesprächsauszüge: ...Die Schönhuths waren über Generationen die Kellermeister der Tübinger Universität in Sindelfingen  -  das sogenannte" Storchenhaus" war das Verwaltungszentrum. 

Ottmars Großvater wurde dann sogar zusätzlich Amtmann der damaligen Oberamtsstadt Sindelfingen  -  

...also - eine respektable, gut situierte Familie...

die Tübinger Universitätskellerei, "Storchenhaus" genannt
(für das Bild Dank an den Schwarzwaldverein)

...aber mit einem schnellen Abstieg Anfang des 19. Jahrhunderts.

Der ehemalige Archivleiter Dr. Burr hat das nachrecherchiert, im Jahrbuch 1970 zu lesen: Um die Amtsführung des Großvaters gab´s zum Beispiel immer wieder heftigen Streit.

Und sein Sohn, also Ottmars Vater, promovierter Jurist, verspielte und verspekulierte Schritt um Schritt den gesamten Besitz. Wohl auch deswegen brachte sich der Großvater 1813 im eigenen Haus um.

Der älteste Sohn, also Ottmar, war da 7 Jahre alt und musste den jahrelangen bösen Dauerstreit der Eltern erleben. 

Die Mutter blieb mit den vier Kindern völlig mittellos in Sindelfingen zurück. Das Gasthaus zur „Goldenen Glocke“, das die Schönhuths gekauft hatten und das nur einen Katzensprung von der Martinskirche entfernt lag, musste verkauft werden - wie alles andere auch. Und trotzdem schreibt Ottmar später geradezu harmlos:

"Sindelfingen ist der Ort, an dem ich geboren und erzogen wurde, wo mein lieber Vater, viele meiner Geschwister und alle meine Voreltern begraben liegen und wo noch meine einzigen Verwandten von väterlicher Seite leben."

Ottmar war trotz aller dieser Geschehnisse in der Sindelfinger Lateinschule ein sehr guter, sehr beredter, begeisterungsfähiger Schüler, hieß es. So gut, dass er sogar das sogenannte Landexamen bestand und auf einen Antrag der Mutter beim König eine Freistelle im evangelischen Klosterseminar Schöntal im Jagsttal bekam. 

Der klassische schwäbische Weg geht danach ja weiter ins Tübinger Stift, zum Theologiestudium.

Auch Ottmars Weg. Er wird also in Tübingen dann von der dortigen spätromantischen Bewegung ganz und gar ergriffen…

...in fast kindlicher Begeisterung nimmt er die literarischen und philologischen Ideen von Uhland, Mörike, Silcher auf; er würde am liebsten alle solche Ideen gleichzeitig aufgreifen und umsetzen…

...veröffentlicht schon mit 20 Jahren sein erstes Buch, nämlich „Hugos von Trimberg auserlesene Fabeln, Erzählungen und Schwänke aus dem Ende des 13. Jahrhunderts“.

Also nichts Theologisches!


(aus: Google books)

Nein, nein, typischerweise etwas Historisches. Das war seine Welt! Übrigens der Beginn von insgesamt mindestens 150 Büchern und unzähligen weiteren Veröffentlichungen in Zeitschriften und Magazinen. Das läuft bei ihm wie am Fließband. 

Und wenn ihm bestimmte Aspekte fehlen, dann erfindet er sie dazu. Da ist das Pädagogische wichtiger als das Historische. Das Gefühlsmäßige wichtiger als das Rationale.

Was ist mit der Sindelfinger Sage von der Glocke im Hinterlinger See?

Gute Frage. Du meinst, weil das Gasthaus der Familie Schönhuth "Goldene Glocke" hieß?


Keine Kommentare:

häufig angeschaut