29 Juni 2005

Poetische Texte 10:
Stumpengasse, malerisch
(oder: Ein Bürgermeister namens Gußmann)

"Nunmehr muss vom Streit erzählt werden, der durch die kleine Stadt dröhnte. Nein, donnerte.

Da standen also am obersten Eck der Langen Gasse wohl zwanzig Mitglieder des Sindelfinger Magistrats und schrieen und drohten mit den Fäusten, manch einer hatte gar ein schweres Werkzeug erhoben. Alle um einen Mann herum, ihren Bürgermeister, der, in blauer Weste, blauem Rock und weißem Halstuch, mit Bundhose und Seidenstrümpfen, ganz fremd hier aussah, Stachel im Fleische, aber sich doch von Gestalt und Antlitz nicht unterschied von den Bauern und Handwerkern. Die ihn so ganz außerordentlich bedrängten; die so tief verletzt schienen.
Bürgermeister Gußmann (Originalporträt im Sindelfinger Stadtmuseum)

„Mach dich fort zu deinem Carl Eugen nach Ludwigsburg, Gussmann, zu uns gehörst du nicht mehr!", rief einer ganz bedrohlich und mit hochrotem Kopf. „Wir wollen dich nicht mehr sehen!"

„Ach, ihr sturen Sindelfinger Esel, erstickt in eurer Enge, zweiundzwanzig von euch ergeben immer noch keinen halben Bürgermeister!", gab nun der Betroffene mit selbstbewusster Wucht zurück. Und schon wollten, ob dieser herausfordernden Replik, die zornerfüllten Männer los auf ihn, als...

Theatervorhang auf, neue Kulisse: Trompetenschall am Oberen Tor, um die Kurve herum nun gejagt kommen eine Kutsche und drei Einspänner, schweißnasse Pferde, tiefer Straßenschmutz spritzt weit auf, darüber, hoch oben, feinstes Rokoko, tiefe Ausschnitte, Perücken, Dreispitze, die Wagen kunstvoll bemalt. Mit Schwung hinein in den Gussmannschen Hof, Hundegebell von überall, Fackellicht. „Gussmann, c`est extraordinaire malerisch; oh, Stumpengasse, amusant; Gussmann, zeig uns deinen Blauen Salon!" Und die Bühne beginnt sich zu drehen, Sternennacht, Gelächter, tote Gassen ringsum, tote Fenster, aber schneller noch die Drehung, das blaue Zimmer glüht ins Violett, noch schneller das Karussell, und sanft beginnt es sich nun zu heben...

Theatervorhang auf, neue Kulisse: In der engen Stube des Pfarrers..."


Wegkreuz an der Martinskirche (ein Vorschlag)

Das zweitreichste Chorherrenstift der Grafschaft Württemberg: das Sindelfinger Stift. Entsprechend gut dotiert waren die Pfründe, entsprechend anspruchsvoll und einflussreich die Augustiner Chorherren. Wer hat sich da alles im Stift getroffen: der Chorherr, der gerade nach Rom abreiste; einer, der vor kurzem aus Bologna gekommen war; der Theologieprofessor an der Sorbonne; ein anderer, der wegen einer juristischen Streitigkeit zum Grafen, dem Schirmherrn, nach Stuttgart musste... Das Wegkreuz soll diese hochgelehrte Welt symbolisieren. Theologische, politische und dynastische Wege aufzeigen, die durch Sindelfingen gelaufen sind. Ein Kommen und Gehen, fremde Gesichter, fremde Laute, für den einfachen Bauern ein ungeordnetes Labyrinth. Er hat sich abgewendet...

28 Juni 2005

Goethe in Sindelfingen

Nachdenklichkeit würde zum Propsteigarten passen...

Der Stein des Guten Glücks: Wenn Goethe einmal Sindelfingen erwähnt hat, dann erwähnen wir Goethe; sein wunderbarer Stein zeigt uns als Fundament das ruhig Blockhafte, darauf die dynamisch-unruhige Kugel. Beide brauchen sich.

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